Ordensregeln

Die Ordensregel des Raimond de Puys aus der Zeit von 1125-1153 n.Chr

Die Konstitutionen von Bruder Raimund

(1) In Gottes Namen.
(2) Ich, Raimund, ein Diener der Armen unseres Herrn Jesus Christus und ein Beschützer des Spitals zu 
       Jerusalem, habe nach eingehender Beratung des ganzen Kapitels der Kleriker und Laien unseren Brüdern 
       diese Gebote und Gesetze im Hause des Spitals zu Jerusalem erlassen.

I. Die Profeß
(1) Als erstes gebiete ich, daß alle Brüder, die zum Dienste der Armen kommen, die Dinge, die sie Gott in die 
      Hand des Priesters und auf das Buch versprochen haben, mit Gottes Hilfe halten.
(2) Das sind Keuschheit und Gehorsam, das ist alles, was ihnen von ihrer Vorstandschaft geboten wird, und 
       daß sie ohne Eigentum leben, weil die drei Dinge Gott am Jüngsten Tag von ihnen fordert.

II. Die Ansprüche der Brüder
(1) Und man gewähre euch nicht mehr von eurem Anspruch als Wasser und Brot und Kleider, die man euch 
      verspricht.
(2) Und ihre Kleidung soll bescheiden sein, da wir uns als Diener der Armen unseres Herrn bezeichnen, die 
       nackt und schmutzig einhergehen.
(3) Und es ist schändlich für einen Diener, daß er stolz sei, während sein Herr bescheiden ist.

III. Die Ehre der Brüder, der Kirchendienst und die Aufnahme von Kranken
(1) Es ist auch festgesetzt, daß in der Kirche ihr Auftreten und ihr Lebenswandel ehrbar sei,
(2) d.h. daß Kleriker am Altar dem Priester in weißen Kleidern dienen, sei es ein Diakon oder ein Subdiakon 
       oder wenn nötig, so tue es ein anderer Bruder, der vorgebildet ist.
(3) In der Kirche soll Tag und Nacht auch ein Licht sein.
(4) Und beim Krankenbesuch soll der Priester mit weißen Kleidern gehen und fromm den Leib unseres Herrn
        tragen.
(5) Und ein Diakon oder ein Subdiakon oder ein Akolyth soll vorangehen und eine Laterne mit einer 
       brennenden Kerze und einen Weihwasserkessel tragen.

IV. Die Reisen der Brüder und das Verhalten Frauen gegenüber
(1) Wenn aber die Brüder durch die Städte oder die Kastelle gehen, so gehen sie nicht allein, sondern zu zweit
      oder zu dritt miteinander,
(2) und sie sollen nicht gehen, mit wem immer sie wollen, sondern mit denen der Obere ihnen zu gehen 
       befiehlt.
(3) Und sobald sie dort angekommen sind, wohin sie wollen, bleiben sie stehen.
(4) An ihrem Auf treten, an ihrem Lebenswandel und an all ihren Sachen soll nichts geschehen, worüber 
       jemand Ärgernis nehmen kann, wie das ihrer Heiligkeit wohl geziemt.
(5) Auch wenn sie im Hause oder in der Kirche sind oder dort, wo Frauen sind, da sollen sie auch ihre 
       Schamhaftigkeit bewahren.
(6) Frauen jedoch sollen weder ihren Kopf noch ihre Füße waschen noch ihr Bett machen.
(7) Unser Herr, der in seinen Heiligen wohnt, behüte sie auf diese Weise.

V. Das Almosensammeln
(1) Um für die heiligen Armen Almosen zu sammeln, sollen sich geistliche Personen und Laienbrüder,
       auf den Weg machen.
(2) Wenn sie eine Herberge suchen, so gehen sie zu einer Kirche oder zu einer anderen ehrbaren Person und 
       erbitten um Gottes willen etwas für ihren Lebensunterhalt und kaufen nichts anderes.
(3) Finden sie niemand, der ihnen etwas gibt, so kaufen sie maßvoll ein einziges Essen, wovon sie leben 
       können.

VI. Die Verwendung der Almosen
(1) Und sie nehmen von dem Almosen weder Land noch Pfand, außer daß sie es ihrem Oberen mit einer 
      Urkunde zurückgeben und daß es auch der Obere mit einem schreiben den Armen des Spitals sendet.
(2) Und der Obere soll von allen Häusern den dritten Teil von Brot, Wein und jeglicher Nahrung erhalten
(3) und was darüber vorhanden ist, das soll er zum Almosen legen und mit seiner schrift den Armen nach 
       Jerusalem senden.

VII. Die Predigt und Sammelreisen
(1) Es sollen Brüder von keinen Häusern weggehen, um zu predigen oder das Almosen einzusammeln,
      außer allein diejenigen, die der Obere und das Kapitel dazu benennen.
(2) die Brüder, die ausziehen, um das Almosen einzusammeln, sollen aufgenommen werden, in welches
      Haus sie kommen, und nehmen am Lebensunterhalt teil, wie ihn die Brüder unter sich haben und
      verlangen weiterhin nichts.
(3) Sie sollen ein Licht mit sich führen, und wo auch immer sie Herberge nehmen, da sollen sie es in der
      Nacht vor sich brennen lassen.

VIII. Die Bekleidung und das Fasten
(1) Weiterhin verwehren wir den Brüdern, eisen braunes und gelbbraunes Baumwolltuch und Pelze von
      wilden Tieren anzuziehen.
(2) Sie sollen auch nicht mehr als zweimal am Tage essen und an jedem Mittwoch und Samstag von da an, 
       wenn man das Alleluja ablegt, bis an Ostern sollen sie kein Fleisch essen, ausgenommen die Brüder,
       die schwach und krank sind.
(3) Auch sollen sie nicht nackt, sondern in Leinenkleidung oder in Flachsröcken liegen.

IX. Die Strafe für Unzucht der Brüder
(1) Und wenn ein Bruder, was Gott verhüten wolle, in Unkeuschheit gefallen ist, so büße er in Verborgenheit, 
      wenn er heimlich gesündigt hat, und man soll ihm eine angemessene Buße verordnen.
(2) Wird er aber aufgegriffen und die Wahrheit öffentlich bekannt, soll man ihn im selben Dorfe, in dem er 
       gesündigt hat, am Sonntag nach der ersten Messe, wenn das Volk aus der Kirche herausgeht, ausziehen,
       daß es alle sehen, und er soll auf Anweisung seines Oberen von einem Kleriker geschlagen werden, wenn 
       der, der gesündigt hat, ein Kleriker ist.
(3) Ist es aber ein Laie, soll er von einem Kleriker oder von einem, dem es der Kleriker empfiehlt, aufs härteste
       mit Gärten oder Riemen geschlagen werden und er soll aus der ganzen Gemeinschaft des Ordens und der
       Brüder verstoßen werden.
(4) Wenn danach Gott sein Herz erleuchtet und er wieder zum Hause der Armen kommt und er bekennt,
       daß er schuldig und ein Sünder sei und Gottes Gesetze übertreten habe und Besserung verspricht,
       so soll er wieder aufgenommen werden und es soll ihm eine würdige Buße auferlegt werden.
(5) Das ganze Jahr über soll er in der Stellung eines fremden Mannes gehalten werden und in dieser Zeit
       sollen die Brüder seine Besserung beobachten und später das tun, was für ihn das beste zu sein scheint.

X. Die Strafe bei Streitigkeiten und unerlaubtem Verlassen des Hauses
(1) Gerät ein Bruder mit einem anderen in Streit und kommt das Geschrei vor den Komtur, so soll er sieben 
      Tage lang Buße tun und am Mittwoch und Freitag bei Wasser und Brot fasten und ohne Tisch und
      Tischtuch auf dem Boden essen.
(2) Kommt es aber vor, daß ein Bruder auf den anderen einsticht, soll man ihm vierzehn Tage Buße auferlegen,
       jeden Mittwoch und Freitag bei Wasser und Brot.
(3) Verläßt er das Haus oder den Oberen, dem er anvertraut wird, eigenwillig gegen den Willen seines Oberen 
       und kommt er danach wieder zurück, so soll er vierzehn Tage lang auf dem Boden essen und an jedem 
       Mittwoch und Freitag bei Wasser und Brot fasten,
(4) und er bleibe auch ebenso lange in der Stellung eines Fremdlings, die Zeit, so lange er draußen gewesen ist,
       es sei denn, daß die Vorstandschaft verfügt, zu mindern.

XI. Das Stillschweigen
(1) Bei Tische soll, wie der Heilige Apostel spricht, jeder sein Brot in Stillschweigen essen,
(2) und nach der Komplet trinke er nichts außer pures Wasser, und in ihren Betten sollen die Brüder 
       Stillschweigen bewahren.

XII. Das Vorgehen bei unordentlichem Verhalten eines Bruders
(1) Wenn es der Fall ist, daß sich ein Bruder unordentlich verhält und wird er von seinem Oberen bestraft
       oder von anderen Brüdern zweioder dreimal beanstandet und will er sich nach den Ermahnungen
       durch die Einflüsterungen des Teufels nicht bessern, soll er zu uns mit einem Schreiben, in dem seine 
       Schuld verzeichnet ist, geschickt werden.
(2) Man soll ihm eine bescheidene Kost mitgeben, daß er zu uns kommen kann und daß wir ihn richten.
(3) Niemand schlage Diener, die ihm anvertraut sind, außer der Obere des Hauses und Brüder vollziehen eine
       Strafe vor aller Augen an ihm.
(4) In jedem Fall soll man das Recht des Hauses voll und ganz einhalten.

XIII. Das Vorgehen beim Entdecken von (unerlaubtem) Besitz bei einem Bruder
(1) Wenn es vorkommt, daß irgendein Bruder, der ohne Eigentum sein sollte, bei seinem Tode Eigentum hat, 
      das er zu Lebzeiten seinem Oberen nicht vorgezeigt hat, für den sollen keine Gottesdienste gehalten 
      werden, nur soll man ihn begraben wie einen Sträfling.
(2) Hat er zu Lebzeiten und bei voller Gesundheit Eigentum, das er vor seinem Oberen verborgen hielt
       und das dann bei ihm gefunden wird, so soll man ihm sein Eigentum an den Hals binden, und er soll
       durch das Spital zu Jerusalem oder durch die anderen Häuser, wo er lebt, nackt geführt werden und soll                von einem Kleriker geschlagen werden, wenn er ein Kleriker. ist.
(3) Ist er aber ein Laie, so schlage ihn ein anderer, dem es geboten wird, und er sitze vierzig Tage auf der 
       blanken Erde und faste jeden Mittwoch und Freitag bei Wasser und Brot.

XIV. Die Exequien
(1) Und was auch sehr notwendig ist, so gebieten wir euch allen, die Anordnungen für alle, die von hinnen 
       scheiden, in allen Häusern einzuhalten.
(2) In welchem Hause sie sterben, da soll man dreißig Messen singen für die Seele des toten Bruders.
(3) Zur ersten Messe soll ein jeder Bruder, der anwesend ist, eine Kerze mit einem Pfennig opfern.
(4) Wieviel Pfennige es auch sind, man soll sie armen Leuten geben.
(5) Und der Priester, der alle Messen singt, soll seine Kost die Tage über erhalten, wenn er nicht dem Hause 
       angehört.
(6) Sobald das Amt vollbracht wird, soll ihm der Obere Gutes erweisen.
(7) Alle Kleider des toten Bruders soll man armen Leuten geben.
(8) Und die Brüder, die Priester sind, sollen, wenn sie die Messe singen, ihr Gebet zu unserem Herrn Jesus 
       Christus für seine Seele verrichten.
(9) Ein jeder Kleriker soll für ihn einen Psalter beten und ein jeder Laie fünfzig Vaterunser.
(10) Auch soll man über andere Verfehlungen und über alle Angelegenheiten im Kapitel entscheiden und 
         gerecht urteilen.

XV. Mahnung zum Eifer
(1) Und wir gebieten alle diese Vorschriften, sowie wir sie erlassen haben, im Namen des allmächtigen
      Gottes und der heiligen Maria und des heiligen Johannes und der heiligen Armen, mit höchstem Eifer einzuhalten.

XVI. Die Aufnahme und Pflege der "Herren Kranken"
(1) Kommt ein Kranker in das Haus, dem der Spitalmeister das Recht verleiht und die Erlaubnis gibt,
      ein Spital zu unterhalten, so soll dieser aufgenommen werden.
(2) Zuerst soll er dem Priester seine Sünden beichten und soll geistlich betreut werden.
(3) Dann soll er zum Bett getragen werden und wie ein Herr nach des Hauses Möglichkeit alle Tage liebevoll 
      gespeist werden, noch ehe die Brüder essen.
(4) Und an allen Sonntagen soll die Epistel und das Evangelium im Krankenhaus gelesen werden und während
       des Umgangs soll der Kranke mit Weihwasser besprengt werden.
(5) Wenn es vorkommt, daß einer der Brüder, die die Häuser auf dem Lande betreuen, gegen den Willen des 
       Oberen das Gut der heiligen Armen irgendeiner weltlichen Person weggibt, so soll er aus aller 
       Gemeinschaft der Brüder ausgestoßen werden.

XVII. Die brüderliche Zurechtweisung
(1) Auch wenn zwei oder mehr Brüder beisammen sind und führt einer unter ihnen einen schändlichen 
       Lebenswandel, so soll der andere Bruder ihn weder vor den Leuten noch vor dem Prior in einen schlechten
       Ruf bringen, sondern er soll ihn zuerst selber zurechtweisen und ermahnen, daß er sich bessere,
(2) will er aber seine Gesinnung nicht verbessern, so kann der Bruder noch einen oder zwei Brüder dazu 
       nehmen und sie sollen zum zweitenmal den Bruder, der sich nicht wohlverhält, ermahnen, daß er sein 
       Leben bessere.
(3) Tut er das, so sollen sie darüber froh sein und sie sollen seinetwegen Gott loben.
(4) Ist es aber der Fall, daß er sich nicht bessern will, so sollen sie unauffällig Leben und Schuld des Bruders
       bei der Vorstandschaft vorbringen.
(5) Danach geschieht mit ihm, was der Obere will.

XVIII. Die Beschuldigung eines anderen Bruders
(1) Doch kein Bruder soll seinen anderen Bruder beschuldigen, es sei denn, er könne es wohl beweisen.
(2) Tut er es aber, ist er kein guter Bruder, und er soll die Strafe erleiden, die der angeschuldigte Bruder
       hätte leiden müssen, sobald es hätte bewiesen werden können.

XIX. Das Tragen des Kreuzes auf der Kleidung
(1) Weiterhin sollen alle Brüder in allen Häusern, die sich jetzt oder später Gott und dem heiligen Spital zu 
       Jerusalem weihen, Kreuze auf ihrer Brust, an den Umhängen und an den Mänteln zu Ehren unseres Herrn
       Gottes tragen,
(2) daß Gott um des gleichen Zeichens willen, des Glaubens, der Werke und des Gehorsams uns behüte und 
       vor des Teufels Gewalt in dieser und der künftigen Welt uns beschirme an Seele und Leib zusammen mit 
       allen Christenmenschen, die uns Wohltaten spenden.

Amen.

Logo

©Copyright. Alle Rechte vorbehalten.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte prüfen Sie die Details und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.